Direkt zum Inhalt

Magazin

Würde der Besitzer des Porsche 911 RSR bitte sein Auto abholen – es parkt seit 31 Jahren

Wir haben 2023 einige Scheunenfunde erlebt, bei denen Sammler eine zweite Chance erhielten, sich einen Klassiker mit niedrigen Zustellungskilometern zu sichern. Bei diesem Porsche 911 964 Carrera RSR Straßenversion ist es verrückter. Er wird am 23. November bei Bonhams in Abu Dhabi versteigert.

Ein fabrikneues Auto abzuholen, ist pure Vorfreude. Dieser jungfräuliche New Car-Duft, das noch unberührte Chromelement, das mit dem ersten Fingerabdruck markiert wird und schließlich dem Motor lauschen zu dürfen, wenn er zum ersten Mal angelassen wird – es gibt wirklich wenig Gefühlslagen, die dem gleichkommen. Der Abholtag wird vermutlich in jedem Kalender rot angestrichen, aber für einen glücklichen Besitzer in 1993 gehörte zu diesem besonderen Datum, das er die Schlüssel zu einem der erfolgreichsten und siegverwöhntesten rennbereiten Straßenautos in der prallen Porsche-Geschichte ausgehändigt bekam.

Man kann es nur so zusammenfassen: Wenn man mit einem Auto in den frühen 90ern Rennen fahren wollte, dann kam dafür einfach nur der 964 Carrera RSR in Frage. Wenn ein Rudel dieser Boxer-Reihensechszylinderbiester zur Startlinie rollte, dann war mit ziemlicher Sicherheit klar, dass eines, wenn nicht gleich drei, das Podium erreichen würden. Der RSR war so rasend schnell, dass während der 24 Stunden von Daytona der RSR nicht nur die vier ersten Plätze in der IMSA GTU-Klasse einstrich, sondern das dieser führende Porsche auch noch Gesamtdritter wurde. Das bedeutete unglaubliche sechs Plätze vor dem schnellsten WSC-Prototyp. Daraus lässt sich schließen, dass der RSR in den richtigen Händen schier nicht aufzuhalten war.

Der sportliche Erfolg stellte sich auch in Sebring, Interlagos, Suzuka und so gut wie jeder Rennstrecke dazwischen ein und zwei straßentaugliche Versionen, die als „Straßenversion“ Bekanntheit erlangten, konnten von beglückten Besitzern in Empfang genommen werden. Während bei dem einen Exemplar die Grenzen der Maschine ausgelotet wurde, bekam das andere – in Polar Silver Metallic – kaum Tageslicht zu spüren, denn es verschwand mit nur zehn „Delivery“-Kilometern auf der Uhr in der Privatsammlung des Eigners. Als Spezialbestellung wurde das Auto erst 1996, ganze drei Jahre später, ausgeliefert. So lange dauerte die Erfüllung der extravaganten und peinlich genauen Vorgaben des Besitzers wie beispielsweise ein extensiv in Leder in Guards Red ausgekleidetes Interieur, das Sitze, Dachhimmel, Armaturentafel, Lenksäule, Lenkrad, Türkappen und Überrollkäfig umfasste.

Während man den 964 Carrera RS als Porsches modernen 2.7 RS bezeichnen kann, war der RS doch etwas zahm im Vergleich zum unerhörten RSR. Mit einer Beschleunigung von 0 auf gut 100 Stundenkilometer in blitzartigen 3,7 Sekunden war der Sprint des 964 RSR beeindruckend, nur 0,3 Sekunden langsamer als der GT3 der aktuellen 992-Baureihe. Es ist fast beschämend wie außergewöhnlich ursprünglich und unberührt dieser Porsche erhalten blieb, aber er wurde auch 30 Jahre lang nicht gefahren und besitzt sogar noch die vom Werk aufgetragene Cosmoline-Schutzbeschichtung.

Wenn Sie dieses signifikante Stück Porsche- und Motorsportgeschichte aus seinem stationären Dasein befreien wollen, um dieses einmalige Fahrerlebnis zu genießen, müssten Sie allerdings tief in die Tasche greifen, denn dieses unberührte Exemplar wird auf 2.000.000 bis 2.500.000 Dollar geschätzt. Es kommt bei der Bonham-Auktion am 23. November in Abu Dhabi unter den Hammer.

 

AUTO ANSEHEN